Der Sturz erfolgte auf der Gipfel-Abfahrt am Corvatsch, jedoch nicht auf der schwierigen, schmalen Stelle, sondern am schönen, breiten Zielhang danach, der sich normalerweise sehr gut fährt. (Ungefähr ab dort, wo die Schneelanzen beginnen.) Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie der Sturz passierte.
Ich wurde mit dem Helikopter in die Klinik Gut geflogen. Nach einer Röntgen und einem Scan erfuhr ich, dass der Knochen direkt unter meinem Knie gesplittert gebrochen ist, und auch im Knie selbst sind wohl Dinge verschoben.
Gleich an diesem Tag wurde eine erste OP unter Vollnarkose durchgeführt, bei der es vor allem darum ging eine provisorische Fixierung anzubringen, und ein Blutstau im Muskel zu vermeiden. Die Fixierung wurde direkt an die Knochen des Unter- und des Oberbeines angebracht, wobei die Fixierungen dann mit Stangen durch die Haut nach außen führen, und eine sichtbare Stange parallel zum Bein verläuft. Das ganze hat schon ziemlich Frankenstein Vibes

Zusätzlich wurde eine Öffnung in mein Fleisch geschnitten im Knie-Bereich und dort ein Schwamm eingesetzt, der überschüssiges Blut und Eiter aufsaugen soll. Außen am Bein befand sich eine Pumpe, die das ganze via Unterdruck nach außen zog. Ziel dieser Maßnahme war es, das Weichgewebe (Muskeln, Nerven…) vom Absterben zu schützen.
Am Dienstag, den 31.12. wurde im OP der eingesetzte Schwamm durch einen kleineren ausgewechselt, und die künstliche Öffnung wurde verkleinert. Dieser Eingriff erfolgte unter Lokal-Anästhesie, wobei diese etwas anders aussah, als das was ich mir bisher darunter vorstellte, resp. was mir von anderen Eingriffen aus meinem Bekanntenkreis aus Luxemburg so erzählt wurde. Nämlich wurde die Lokal-Anästhesie auf die Beine angewandt, gleichzeitig wurde ich aber auch so betäubt, dass ich von der OP dennoch gar nichts mitbekam. Auf meine Frage, ob das denn nicht de facto eine Vollnarkose wäre, wurde mir erklärt, dass ich hier nur „normal“ schlafen würde und z.B. selbst atmen würde. Während bei einer richtigen Narkose unter anderem auch das Atmen von einer Maschine übernommen würde. So eine Vollnarkose ist viel stressiger für den Körper. Etwas befremdlich war nur, dass man selbst recht schnell nach dem Eingriff zu sich kommt, die Beine dann aber noch überhaupt nicht spürt.
Am Donnerstag, den 2.1. wurde dann wieder im OP der Schwamm ganz entfernt und diese „Blut-Höhle“ dann ganz geschlossen. Seit Donnerstag habe ich also auch keine Pumpe mehr am Bein hängen. Auch dieser Eingriff wurde wieder mit einer Lokal-Anästhesie nach dem gleichen Prinzip wie am Dienstag durchgeführt.
Morgen (Montag, den 6.1.) wird eine erste OP an den Knochen stattfinden (diesmal wieder mit „richtiger“ Vollnarkose). Auch diese Arbeitet wird jedoch auf 2 oder 3 Interventionen aufgeteilt.
Grundsätzlich geht es mir nicht schlecht. Die Mitarbeiter hier sind sehr professionell und freundlich, ich fühle mich gut aufgehoben. Schmerzen habe ich nicht viele im Moment. Man ist natürlich schrecklich unautonom. Ich bin ständig im Bett, und muss für so ziemlich alles klingeln.
Nachdem ich schon vor vier Jahren ebenfalls einen komplizierten Schulterbruch hatte (damals wurde ich in der gleichen Klinik operiert), ist meine aktuelle Tendenz, dass ich in Zukunft auf Skifahren verzichten werde. Meinen geplanten Februar-Urlaub in den Portes du Soleil habe ich natürlich schon storniert. Aber auch generell bin ich skeptisch, aus mehreren Gründen:
⁃ Wenn ich Ski fahre, stürze ich fast nie. Das ist natürlich gut. Aber wenn ich stürze, scheine ich wirklich nicht gut darin zu sein, harmlos zu stürzen. Dafür gibt es sicherlich Gründe, z.B. mangelnde Geschicklichkeit, hohes Körpergewicht, zu wenig Sport im restlichen Jahr.
⁃ Erschwerend finde ich auch, dass ich nicht genau nachvollziehen kann, wie der Sturz genau zustande kam. Wenn ich genau wüsste: du hast Fehler X gemacht, könnte ich diesen ja zukünftig vermeiden. Dem ist aber nicht so. Das war vor 4 Jahren beim Sturz auf der Slalomstrecke „Audi Ski Run“ auf Corviglia etwas leichter. Da konnte ich mir sagen: Slalom-Strecken liegen dir nicht. Die vermeidest du in Zukunft.
⁃ Ich habe auch ein schlechtes Gewissen auf der Arbeit. Nachdem ich schon vor 4 Jahren lange ausfiel, hörte ich fast vor jedem Ski-Urlaub: Aber bau nicht wieder einen Unfall… und diesmal falle ich noch länger aus.
⁃ Ich hatte jetzt gleich 2x richtig komplizierte Unfälle, die selbst in einer Klinik die tagtäglich mit Ski-Unfällen konfrontiert wird, nicht Standard sind. (Der Arzt, der damals meine Schulter operiert hat, hat mich jetzt besucht, und mir dabei erzählt, dass er meinen Fall sogar auf einigen Konferenzen gezeigt hat.

Ich liebe das Ski-Fahren. Ich werde auch weiterhin ein „Alpin-Fan“ bleiben, aber wohl eher von einem aktiven zu einem passiven Fan werden. Gerade bei meinen Lieblingsgebieten Engadin und PDS werde ich auch in Zukunft hier Berichte mitlesen, und mich z.B. über LGH-Stops freuen.

Ich liebe auch die Berge weiterhin, und kann mir z.B. durchaus in Zukunft vorstellen, die Tradition fortzusetzen, mit meinen Eltern wieder um die Weihnachtszeit nach Sils-Maria ins Engadin zu kommen. Dann jedoch wohl eher als Fußgänger.
P.S. Alle medizinischen Details in diesem Beitrag sind nicht unbedingt korrekt, sondern so wie ich die entsprechenden Erklärungen als Laie verstanden habe. Falls sich jemand für ein Foto meiner „Frankenstein-Schiene“ und/oder Röntgenbild resp. Scan interessiert, kann man mich via PN anschreiben. Ich will die nicht hier ins Forum setzen, da einige die eklig finden könnten.