Egal, inzwischen waren die Ski beim Service und so brechen wir am Morgen in Churwalden zu einer Rundwanderung auf, die wir schon lange auf der Agenda haben. Ein Wanderweg führt auf kompletter Länge über den Gipfelgrat der Bergkette zwischen Lenzerheide und dem Rheintal. Diesen bin ich zwar schon unzählige Male in verschiedenen Etappen gelaufen, aber tatsächlich noch nie am Stück. Und eigentlich sieht unser Plan auch diesmal nur vor, einen Teil des Weges zu nehmen. Von der Bergstation Heidbüel wollen wir zum Stätzerhorn aufsteigen, von dort über den recht ausgesetzten Grat Richtung Dreibündenstein und schliesslich nach Pargitsch, um dort die Sesselbahn wieder ins Tal zu nehmen.
Da der direkte Weg auf der Nordseite des Stätzerhorns aber immer noch weitgehend schneebedeckt ist, kommen wir auf die Idee, aus der Wanderung eine Ganztagestour zu machen und den kompletten Grat zwischen Piz Scalottas und Windegga mitzunehmen. Auch den Weg in die andere Richtung möchten wir aber zu Fuss bewältigen, sodass es wie geplant eine vollständige Rundtour wird.
So starten wir gegen 8.45 Uhr an der Heidbüel-Kabinenbahn. Um diese Uhrzeit ist noch erstaunlich wenig los und auch in der Folge begegnen uns nur sporadisch andere Wanderer oder Biker. Der Weg führt uns erst einmal kontinuierlich bergab in Richtung Sartons und weiter nach Valbella. Dort laufen wir etwas oberhalb vom See entlang und schliesslich wieder ein kurzes Stück hinauf nach Val Sporz.
Den Weg auf den Grat kürzen wir mit den beiden Sesselbahnen Tgantieni und Scalottas ab. Höhenmeter machen wir heute schliesslich noch genug. Trotzdem fühlt sich der erste Gipfel dieser Wanderung etwas geschummelt an. Aber sei es drum, es folgen ja noch vier weitere.

Vom Piz Scalottas geht es zunächst der Skipiste entlang ein Stück bergab, bevor der erste echte Aufstieg des heutigen Tages ansteht. Der Piz Danis ist mit 2497 Metern Höhe zwar der niedrigste der noch folgenden Gipfel, weist aber auf der Südseite den mit Abstand steilsten Teil des gesamten Grat-Wanderwegs auf. Von unten sieht es nicht so aus, als könnte man hier überhaupt ohne Kletterausrüstung hinaufkommen. Auf einem Abschnitt ist zwar ein Halteseil installiert, ansonsten ist der Weg hinauf aber gut ohne den Einsatz der Hände machbar. Der Puls geht trotzdem ganz schön nach oben.
Der Weg hinab zum Stätzer Sattel ist ziemlich tricky. Auf der Nordseite hat es zwar keinen Schnee mehr, aber sehr rutschigen, aufgeweichten Boden. Immer wieder müssen wir die Sohlen unserer Schuhe reinigen, weil sie sich mit Schlamm zusetzen.
Am Stätzer Sattel treffen wir auf meinen Vater, der von Churwalden aus zum Stätzerhorn unterwegs ist. Den Treffpunkt haben wir zeitlich wirklich sehr gut antizipiert. Wir müssen nur fünf Minuten warten, bis er eintrifft. Die letzte halbe Stunde bis zum Gipfel laufen wir dann gemeinsam. Wir müssen beide mal wieder den Hut vor ihm ziehen, dass er mit seinen 70 Jahren die knapp 1400 Höhenmeter noch immer in 3,5 Stunden hochmarschiert.
Nach einer gemeinsamen Gipfelrast verabschieden wir uns wieder von meinem Vater, dem der weitere Weg zu exponiert ist. Während er in Richtung Postautostation in Valbella weiterläuft, um den Abstieg etwas geringer zu halten, machen wir uns auf zu dem Teil der Wanderung, der uns am meisten fordert. Nicht konditionell, aber kognitiv. Richtung Fulaberg (Faulberg) sind zwar nicht so viele Höhenmeter zu überwinden, aber das Gelände erfordert an mehreren Stellen den Einsatz der Hände und einen Fehltritt sollte man sich hier lieber auch nicht erlauben.
Der Abstieg Richtung Fulhorn erfordert nochmals höchste Konzentration. Hier ist der Schnee noch immer nicht weggetaut und macht das Vorankommen zu einer echten Geduldsprobe. Jeder Schritt will gut überlegt sein. Wir sind sehr froh darüber, dass wir uns das auf dem Weg von Wasserböden zum Stätzerhorn nicht angetan haben, sondern uns für die grosse Runde entschieden haben.
Um 15 Uhr erreichen wir mit dem Fulhorn den fünften und letzten Gipfel unserer Tour. Wegen des Schnees sind wir deutlich später dran als geplant und müssen uns nun ein wenig sputen. Ohne weitere Pausen geht es in 1,5 Stunden hinab nach Pargitsch, wo ein wohlverdientes Getränk auf uns wartet. Mit der Sesselbahn geht's anschliessend wieder zurück nach Churwalden.
Eine wirklich ausgesprochen schöne Tour, die in Summe sowohl physisch als auch für den Kopf durchwegs fordernd ist. 35'000 Schritte, 28 Kilometer, 3'000 Kalorien und inklusive Seilbahnfahrten 2460 Höhenmetern Auf- und Abstieg später freuen wir uns, zu Hause die Füsse hochlegen zu können!