Einst fand man sie durch ganz Europa verteilt- Seitwärtssesselbahnen mit VR101-Klemmen. Das ist auch nicht verwunderlich, immerhin war die VR101-Klemme von VonRoll 1945 in Flims die erste Kuppelklemme für Einseilumlaufbahnen mit Personentransport überhaupt. In dem folgenden Jahren entstanden unzählige Seitwärtssesselbahnen mit VR101- Klemmen, teilweise auch als Lizenzbauten anderer Hersteller. Doch sie alle haben eines gemeinsam- Sie wurden schon vor über 10 Jahren entweder ersetzt oder ersatzlos stillgelegt. Besser gesagt fast alle, denn eine einzige Seitwärtssesselbahn mit VR101-Klemmen, gebaut 1952 durch den Lizenznehmer Transporta Chrudim, dreht bis heute im tschechischen Krupka ihre Runden, und das bis heute im völlig unmodernisierten Zustand. So lassen sich bis heute die ohne Fördereinrichtungen minimalistischen Stationen, das ruppige Einkuppeln, das Röhren der einlageringlosen Seilrollen an den Stützen und das Sitzen quer zur Fahrtrichtung wie vor über 70 Jahren erleben.
Bereits vor 2 Jahren bin ich das erste Mal mit dieser besonderen Sesselbahn gefahren. Damals hat mich die Bahn schon so fasziniert, dass ich sie irgendwann nochmal fahren wollte. Dieses irgendwann sollte eigentlich am 18.05. sein, doch da war es mir zu nebelig, und ich bin nach Aussig und Prag gefahren. Doch auch am 19.05. war es noch neblig, trotzdem bin ich da zunächst zu Fuß hochgestiegen und dann mit der Sesselbahn runtergefahren, dabei ist auch
das Bild aus dem Rateforum entstanden. Als ich am 20.05. morgens aus dem Fenster guckte, sah ich wieder Nebel. Doch diesmal war es Frühnebel, der schnell weg war. Endlich konnte ich mal eine Fahrt im Sonnenschein genießen. Genauer gesagt blieb es nicht bei einer.

Bilder:
#1- Der unterste Streckenteil im Zoom.
#2- Wer in die Talstation geht, wird von einer VR101-Klemme begrüßt. Gut erkennbar ist hier die Funktionsweise der Klemme, die rechte Klemmbacke wird mit einer Feder an das Seil gedrückt, die linke mit Gravitation. Lustigerweise hat VonRoll diese Kombination aus Gravitations- und Federkraft auch bei seinem letzten Kuppelsystem, der VH400-Klemme verwendet, obwohl sie zwischendurch sowohl eine reine Federklemme als auch zwei reine Gravitationsklemmen eingesetzt haben.
#3- Die Sessel in der Talstation. Die Bahn fährt nur stündlich um halb, weshalb dieser Anblick kein seltener ist.
#4- In der Bahn. Die Bahn ist einfach einmalig. Ein so lautes Rattern und Rumpeln erlebt man sonst wohl an keiner Bahn. Hier ist die Zeit einfach stehengeblieben.
#5- Auch wenn ihre Spannfelder meist ziemlich kurz sind, hat die Bahn zwei längere. Das hier ist das erste davon und m.E. das mit dem größten Bodenabstand.
#6- Nach dem ersten Streckenniederhalter geht es erstmal relativ steil und mit geringem Bodenabstand durch eine schmale Schneise nach oben. Die technischen Daten lassen mit einer Länge von etwa 2.350m umd einer Höhendifferenz von etwa 480m eher eine Seilbahn in den Alpen erwarten. Für eine Mittelgebirgsseilbahn ist sie auch ziemlich kupiert.
#7- Wenig später wird die Strecke dann etwas offener und allmählich flacher.
#8- Dann erreicht man in etwa die Streckenmitte, an der einem auch die anderen Sessel entgegenkommen. Um 09:30 Uhr fuhr die Bahn für gerade einmal 4 Leute und 2 Sessel. Die Fahrpreise sind hier auch mit 170 Kč für die Einzelfahrt und 240 Kč für Berg- und Talfahrt (ca. 6,87 bzw. 9,70€) durchaus fair.
#9- Stütze 14 von Nahem. Gut sichtbar ist, dass die Seilrollen hier keine Einlageringe haben. Das sorgt an den Stützen für eine durchaus laute Akustik. Die Stützen sind Eigenentwicklungen von Transporta, jene von VonRoll sahen völlig anders aus. Bei den Seilrollen und Stationstechnik kann ich mir vorstellen, dass sie von VonRoll stammen, in Tal-und Bergstation hängt nämlich jeweils das Schild von VonRoll Bern.
#10- Die VR101-Klemme in Aktion.
#11- Für 100-200m wird doe Strecke dann sogar abschüssig.
#12- Dann kommt aber der 2. Streckenniederhalter.
#13- Nach dem 3. Streckenniederhalter geht es dann nochmal steil nach oben.
#14&15- Der Stützenwald vor der Bergstation. Die letzten beiden Stützen sind auch die einzigen tragenden mit 8er-Rollenbatterien und haben damit eine besondere Akustik. Die Stützennummerierung geht hier bis 24, komischerweise sind mehrere eigenständige Stützen als Stützen xa ausgewiesen. Somit hat sie eigentlich mehr Stützen.
#16- Die Sessel der Bergstation.
#17- Oben stand noch ein Schild zum Skigebiet, und so machte ich eine wohl 800m lange Wanderung bei schöner Aussicht und gutem Wetter.
#18- Einsam geht es weiter. Auch außerhalb der Seilbahn ist es hier zwar schön, abseits von kurzen Wanderungen kann man im Sommer aber nicht viel machen.
#19- Am Vortag war hier am Nachmittag Gewitter, offensichtlich mit Hagel. Wahnsinn, natürliches Eis im Mai auf unter 1.000m Seehöhe bei Sonnenschein.
#20- Wenig später erreichte ich dann das kleine Skigebiet. Es besteht aus 2 Stangenschleppliften, der längere ist fix mit fliegender Umlenkscheibe und der kürzere vermutlich auch fix, hat aber eine starre Bergstation.
#21- Das erste Mal, dass ich eine fliegende Umlenkscheibe live erlebe. Nur leider in der falschen Jahreszeit...
#22- Die oberste Stütze, Stütze 13. Der Lift hat immerhin 100 Höhenmeter und die Piste sieht annehmbar aus. Komisch, dass es keinen Rückbringerlift zur Sesselbahn gibt, das würde das kleine Gebiet m.E. massiv aufwerten.
#23- Der obere Teil der Piste. Hinter der Kuppe geht es wohl noch weiter, auf eine Wanderung zur Talstation habe ich aber verzichtet.
#24- Wer noch ein paar Meter weiter geht...
#25-...stößt auf einen wesentlich kürzeren, quasi parallel geführten Schlepplift. Er doppelt einen Teil des oberen, flachen Abschnitts des langen Lifts, erschließt aber wohl keine eigene Piste.
#26- Es gab wohl mal einen dritten Lift, von diesem sind noch 2 Stützenschäfte und ein Fundament übrig.
#27- Kurz später machte ich mich dann auf den Rückweg. Schließlich will ich die nächste Abfahrt nicht verpassen.
#28- Der Weg weiter oben. Hier könnte ich mir super einen flachen Rückbringerlift mit 1 oder 2 Kurven vorstellen.
#29- Wenig später erreiche ich wieder die Bergstation der spannendsten Bahn.
#30- Zeit, um das Panorama zu genießen, bleibt dann aber doch noch.
#31- Wieder in der Bergstation fällt der Blick diesmal auf den massiven und lauten Antrieb mit seiner spannenden Seilführung.
#32- Die Klemme wartet auf ihre Abfahrt.
#33- Die Kuppelstelle aus der Nähe. Das Seil ist normal knapp über der Seilrolle, eine Klemme drückt das Seil dann aber runter, erst dann wird sie geöffnet und das Seil schnackt ein. Eine spannende Konstruktion!
#34- Ein anderer Winkel, hier sieht man auch den Griff, den der Bedienstete zieht, damit die Klemme freigegeben wird und der Sessel über die schiefe Ebene beschleunigt.
#35- Eine frisch eingekuppelte Klemme. Schön, dass man hier als normaler Gast auch in die Nähe des Kuppelmechanismus kommen kann!
#36- Und wieder auf der Talfahrt. Die Bahn fährt etwa 15 Minuten.
#37- Schnell taucht ein Niederhalter auf.
#38- 2 Minuten später dann der zweite.
#39- Wo es auf der Bergfahrt runterging, geht es nun hoch. Durch die zwei Kuppen, die die Bahn überfährt, sieht man die Talstation erst ziemlich spät.
#40- Dann geht die Neigung doch in Richtung Tal.
#41- Rückblick auf die bisher gefahrene Strecke. Ich saß diesmal im letzten der nun immerhin 4 Sessel.
#42&43- Die anderen Sessel kommen dann auch entgegen.
#44&45- Die Strecke wird nun wieder steiler.
#46&47- Niederhaltestütze 6. Die Niederhalter sind hier nicht wie bei Giovanolaklemmen starr, sondern so beweglich wie eine normale 2er-Rollenbattereie. Ob das bei VonRoll auch so war, weiß ich aber nicht.
#48&49- Das irgendwie interessante Spannfeld. Hier ist es besonders ruhig.
#50- Hier neigt sich die Fahrt dann allmählich dem Ende.
#51- Aber es geht noch einige Höhenmeter durch den Wald.
#52- Nun kommt die Talstation in Sicht.
#53- Der normal gebrauchte Sesselvorrat und die Stationseinfahrt.
#54- Eine weitere Fahrt machte ich dann aber noch. So eine kultige Bahn fahre ich doch nicht nur ein Mal.
#55- Zumindest kommt es den Forenlogo schon zum Teil recht nah.
Die Sesselbahn in Krupka ist ein gut gepflegter und fahrenswerter Liftoldtimer. Wohl nirgendwo sonst lässt sich der Anfang der kuppelbaren Einseilumlaufbahn so toll erleben. Hoffentlich wird sie noch viele Jahre und Jahrzehnte ihre Runden drehen dürfen!